Auf dem Weg zur Arbeit

Gespräche unter Kollegen, wenn sie sich auf dem Weg zur Arbeit treffen. Netter Plausch zwischendurch, geprägt von Argwohn. Und doch wird immer die Arbeit als Thema, als Ausgangspunkt dazwischen funken. Mal sehen, wie dieses Beispiel das verdeutlichen kann:

Wie immer, wie jeden Morgen 6:16 Uhr seit Ewigkeiten, treffen sich Gott und Teufel auf dem Weg zur Arbeit, auf der Strasse des Lebens, kurz vor dem Portal in die jeweilige Dimension. Und wie jeden Morgen seit dieser Ewigkeit trinken beide erst einmal ihren Kaffee und unterhalten sich. Nicht über Gott und die Welt, wäre ja eine sinnlose Unterhaltung. Natürlich haben sie weiter kein Thema als ihre tägliche Arbeit, die Routine darin, die sich mit der Ewigkeit eingeschlichen hat.

„Schwarz wie immer, was?“ war die Frage von Gott an Luzifer mit dem üblichen sarkastischen Unterton. „Ja genau, und du wieder weiß wie immer, so blass wie deine Engel.“ war die lakonische Antwort des Angesprochenen. Jeden Morgen war es das gleiche langweilige Spiel, wenn sich die beiden an dem Kiosk gegenseitig den Kaffee bestellten. Sie hatten das abwechselnde bezahlen eingeführt, nachdem sie sich verheddert hatten, wer mit der nächsten Runde dran sei. Um die übliche Eskalation des Streites zu vermeiden, der doch irgendwie Bestandteil ihrer täglichen Tätigkeit ist. Nur vor der Arbeit, da wollten sie vernünftig miteinander umgehen. So eine Ewigkeit ist eine lange Zeit und es da miteinander auszuhalten ist nicht ganz so einfach. Wenn man sich schon während der Arbeit den ganzen Tag bekämpfen muss, da kann man in der Freizeit schon zivilisiert miteinander umgehen.

„Und, willst du heute wieder versuchen, die Weltherrschaft an dich zu reissen oder belässt du es mit dem einfangen ein paar noch unverdorbener Seelen?“ fragte Gott. „Aber, aber, mein Guter, ich werde dir doch nicht meine Pläne verraten. Ich hab da eh erst noch ein Meeting mit… Huch, hätte ich fast die Überraschung verdorben. Aber ich war gestern schon ein wenig sauer, als du mir den griechischen Finanzminister weggeschnappt hast. Der passte so wunderbar in meinen Plan und nun muss ich wieder neu anfangen.“ Schlürfend nahm er einen Schluck Kaffee. „Wenn ich wenigstens mal merken würde, ob das Zeug heiß oder kalt ist. Schon ein Nachteil, wenn man im Feuer wohnt. Und was gibt es bei dir neues?“ Gott musste schon überlegen, fast so lange, dass der Kaffee fast kalt wurde. Gut, Luzifer ist das egal, aber ihm nicht. „Nicht viel muss ich ehrlich gestehen. horned-skull-535747_640Meine Arbeit erledigen ja die Heerscharen von Engel. War eine gute Idee die zu erschaffen. Mhmm, hab ich die überhaupt erschaffen? Naja, wenn ich nicht gelegentlich selbst eingreifen würde, dann würde ich vor lauter Langeweile sterben. Es gab mal eine Zeit, da waren wenigstens die Gebete noch interessant. Aber selbst die sind zur Zeit alle gleich, ich höre schon gar nicht mehr hin.“ Luzifer wurde langsam ungehalten. Schließlich hat er die meiste Arbeit von ihnen beiden. Während Gott den ganzen Tag nichts tat und tut, muss er wie ein Berserker ackern. Berserker, das ist das Stichwort. Muss mal wieder einen solchen zur Abwechslung zur Menschheit schicken. Nur weil der Alte meint, nach 6 Tagen Arbeit, von denen einer verschwendet war, sich ausruhen zu können. Das selbst vor der Arbeit diese noch seine Gedanken beherrschen muss. Scheiss Leben. Leben? Luzifer grinst sich eins. „Und Jesus, wie geht es deinem Sprössling?“ Mit dieser Frage versucht Luzifer sich abzulenken und vielleicht doch die eine oder andere Information aus Gott zu bekommen.

Doch Gott schüttelt sein Haupt. „Dieser missratene Bengel. Vor 2000 Jahren hat er wenigstens noch nach macht inder pfeife getanzt. Jetzt gammelt er nur noch den ganzen Tag rum, spielt in einer Harfen- und Flötenkombo und kifft, was das Gras hergibt. Möchte mal wissen, wie er da rangekommen ist.“ Tatsächlich macht er sich wirklich Sorgen um den Jungen. Seit der Wiederauferstehung und der folgenden Himmelfahrt war er einfach nicht mehr derselbe. Die Zeit bis zum jüngsten Gericht ist einfach zu lang und bis dahin hat er ja nichts zu tun. Ausser eben zu gammeln. Die Jugend von heute. Gott verdreht innerlich die Augen. Ich muss ihm dringend eine Aufgabe geben, die sinnvoll ist und ihn ablenkt. Da könnte er ja auch mal selbst drauf kommen. Luzifers Lachen reißt Gott aus seinen Gedanken. „Dein Sprössling hat einfach nur Langeweile. Meiner hat wenigstens noch Ambitionen und versucht mir die Herrschaft streitig zu machen und mich zu stürzen, auch wenn es seit eh und je sinnlos ist. Aber er gibt einfach nicht auf und arbeitet wie besessen daran. Wie besessen!“ Beide fangen an zu lachen. Schönes Wortspiel. „Ich glaube, wir müssen langsam los. Es ist Zeit.“ Gott nimmt seine Stempelkarte und schiebt sie in das Lesegerät. „Viel Spaß und vielleicht auch mal Erfolg!“ Sprach es aus und verschwand im Portal gen Himmelreich. Luzifer blieb allein zurück und liess sich zu einem Lachen hinreißen. „Ab heute sind deine Tage gezählt alter Mann. Cthulhu ist einer der Alten. Und dem sind weder deine Engel und auch nicht du selbst gewachsen. “ Luzifer zückt seine Stempelkarte ein letztes Mal und springt lachend durch das Portal in die Hölle.

 
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