Beim roten Getränk besprochen

Langsam wird der mittlerweile übliche Schraubverschluß von der Flasche entfernt und mit einem leichten Gluckern fließt das rote, süße Getränk in die Gläser. Nein, kein Wein. Wein kann jeder trinken, doch Unterschiede gibt es auch hier. Nachdem das Bier den Wein als Getränke des allgemeinen Volkes abgelöst hat, hängt die Trinkkultur an der Flasche. Stilvoll aus Gläsern, dafür fehlt die Zeit. Wo ja doch sonst so sehr auf Stil geachtet wird, doch der Genuss ist der Druckbetankung gewichen. Schnell die Wirkung spüren, den künstlichen, aber flüchtigen Geschmack auf der Zunge. Schnelllebig ist die Zeit. Langsam füllen sich die Gläser mit dem roten Getränk. Blutrot, so wie wir dunklen Gestalten es lieben.

DSC_0679Das Rot, das die Gläser füllt, nennt sich Met. Honigwein mit Kirschsaft aufgesetzt. Vom Händler des Vertrauens ist er nicht. Das kann sich ein einfacher Angestellter wie ich es bin nicht mehr leisten. Die einfache Variante tut es auch. Hauptsache die Form bleibt gewahrt. Der Stil, die Ordnung – so wie es sich gehört und sein muss. Zumindest in diesem Bereich des Lebens, um nicht ganz dem allgemeinen Wahnsinn anheim zu fallen. Um aufzufallen, wo man nicht auffallen kann.

Mein Gegenüber ist eine Bekannte aus einem Forum. Forum auch nur mehr im herkömmlichen Sinne des Computerzeitalters. Kein forum romanum, an dem sich die Gesellschaft traf, um Gesellschaft zu haben. Sie ist eine der wenigen Personen,  der ich einen oberflächlichen Blick in mein Leben gestatte. Doch mein inneres Selbst bleibt versteckt, vergraben unter der Maske, die die Menschen sehen dürfen. Und so bleiben dann auch die Gespräche oberflächlich, nichtssagend. Zumindest hat man aber auch in der Oberflächlichkeit einen gemeinsamen Nenner, so dass sich über den Glasrand nicht gegenseitig angeschwiegen werden muß. Sowas erzeugt nur eine peinliche Atmosphäre und muß nicht sein. Da könnte ich mich auch gleich wieder an den PC setzen und meine Arbeit fortführen,  den Besuch alleine zurücklassen und sich an dem roten Getränk erfreuen lassen. Die mitmenschliche Etikette muss gewahrt bleiben. Auch wenn ich die sonst so menschliche Leere der eigenen 4 Wände dem gesellschaftlichen Gedränge vorziehe.

Katzen. Wir reden über Katzen. Da kann ich viel sagen. Menschen sind mir meist suspekt, da ist meine Ansicht sowieso schon bekannt. Katzen sind sensible, aber eigene Herrscher. Und ermöglichen Erlebnisse, die nicht jeder teilen kann. Zumindest niemand, der nicht schon als Diener eines Felldings sich beweisen durfte. So erzähle ich stolz und getragen das neueste Kunststück meiner Göttin. Natürlich nicht ohne meine Blessuren vergessen zu erwähnen, die ich durch deren letzten Kreuzzug davon getragen habe. Mit Kriegsverletzungen kann man angeben, auch wenn man diese durch eigene Fahrlässigkeit davon getragen hat, schließlich kann die Schuld auf Andere geschoben werden. Und dann darf ruhig ein wenig Stolz in der Stimme zu hören sein. Stolz auf die Rettungsmission, die früher als erwartet und schmerzhafter als gehofft beendet war.

Das Thema Katze ist beendet. Verzweifelt wird am Met genippt, um dem einsetzenden Schweigen eine Bedeutung zu geben. Trinken hat eine Bedeutung. Trinken bedeutet Lockerung der Beklemmtheit. Ein Wollfühl-Gefühl, das die Mitteilsamkeit fördert. Und so wendet sich das Gespräch der bevorstehenden Mahlzeit zu…

(reblog)

 

 
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