Reisetagebuch – Teil 1

Prolog und Monolog
Eine Reise beginnt immer mit dem Packen des wichtigsten Utensils: dem Koffer. Als Inhalt die wichtigsten Utensilien, die man dafür braucht: Zigaretten, Pfeife und Tabak, Notizbuch, Handy und Ladekabel. Ladekabel! Und natürlich die anderen Nebensächlichkeiten wie Kleidung, Hygiene und Krams. Irgendwas muss man vergessen, dass ist Pflicht. Gehört sich ja auch so. Zum Beispiel der kleinen Lady rechtzeitig Futter einzukaufen. Verdammter Mist. Hoffentlich merkt der Pfleger das.

Schlaflosigkeit gehört ebenso dazu. Wegen Aufregung und so. Schließlich dümpelt man ja nicht mit irgendeinem Pott durch die Meere. Ha, Meere. Der kleine Tümpel namens Nordsee. Nicht einmal den Atlantik überquere ich. Nur vom Festland zur großen Insel. Nein, es ist schon was besonderes. Es ist ja schließlich die Königin der Meere, die Queen Mary 2. Der Luxusliner. Das mit dem Luxus, das stellt sich dann noch heraus.

Tag 1 – Einschiffung

Kalt. Nüchtern. Nichtssagend. Nein, nicht der Pott, sondern das nigelnagelneue Terminal, dass mittlerweile benötigt wird, um ein Schiff zu betreten. Drölfzigionen von Rentnern, die sich wieder von ihrer besten Seite zeigen. Nämlich von der Seite, dass sie im hohen Alter noch zeigen müssen, dass anstehen und Ordnung halten keine ihrer im Kopf behaltenen Gedanken ist. Da wird gnadenlos gedrängelt, geschoben und gepöbelt, da kann ich sogar noch davon lernen. Und vordrängeln wird zur hohen Kunst erhoben. Die Deutschen. Ist klar. Keine Zurückhaltung, keine Contenance. Gnadenlos. Rücksichtslos. Wie immer. Dagegen die Mitarbeiter des Terminals ein Musterbeispiel an Gelassenheit, trotzdem aufmerksam und zuvorkommend.

Kleines großes Boot - über den 2 weißen Decks, die über der grauen Farbe liegen, ist Deck 7 - ein kompletter Rundgang.

Kleines großes Boot – über den 2 weißen Decks, die über der grauen Farbe liegen, ist Deck 7 – ein kompletter Rundgang.

Imposant ragt sie empor, die Königin. Die Königin der Meere. Den anderen Zusatznamen habe ich schon wieder vergessen. Schon von weitem deutlich zu erkennen am Terminal, überragt sie doch alle anderen Aufbauten in der Gegend des Hafens. Ein Bild, das imponiert. Man kann es in dem Moment gar nicht mehr erwarten, an Bord zu sein. Geduldig wie auch ungeduldig lässt man alle organisatorischen und amtlichen Querelen über sich ergehen, in der Hoffnung, danach ein wenig Ruhe zu bekommen, Erholung. Denkste. Dank großartiger Vorbereitung meinerseits, in der Art wie Deckpläne auswendig lernen, Standort der Kabine sowie der Raucherzonen, ist auch alles in Rekordgeschwindigkeit gefunden. Kajüte wie üblich für Passagiere mit dem schmalen Budget mitschiffs, innen, fensterlos und klein. Dafür dem Zweck entsprechend. Man geht nicht an Bord, um in einer luxuriösen Kabine die Reise zu verbringen. Zu Hause hocken kann man sowieso besser – zu Hause. Man braucht im Grunde nur einen Platz, um nach einem Tag an der frischen Luft das müde Haupt auszuruhen, die morgendliche Restaurierung oder Sanierung durchzuführen und das mitgebrachte Gedöns sicher zu parken.

Britannia - Restaurant - Hier gab es dass abendliche Diner für die mittelbilligen Passagiere, ob blind oder nicht

Britannia – Restaurant – Hier gab es dass abendliche Diner für die mittelbilligen Passagiere, ob blind oder nicht

Immer wieder sind die Menschen erstaunt, wenn sie mich die Pfeife auspacken sehen. Hallo ihr Pfeifen, was gehört zur Guten Seefahrtstradition dazu? Die Pfeife, diesmal nicht an Deck genossen, doch dafür in der extra dafür eingerichteten Lounge. Und immer ist das der Grund für andere, mir ein Gespräch aufzwingen zu wollen. Wenn es denn sein muss, muss zwar nicht sein, aber flüchten geht ja nicht mangels eingeschränkter Möglichkeiten. Wenn der Weg zum anderen Ufer nicht so weit wäre… Dafür gab es gleich abends, noch vor dem Auslaufen, was feines zum spachteln. Wie üblich, drei Gänge mit nichts auf dem Teller, wie es sich für ein „Luxusrestaurant“ gehört, auch wenn es „auf See“ ist. Auf See – klar. Da lag das Boot noch festgeschnürt im Hafen. Trotz alledem, sich einmal wie einer der oberen Millionen fühlen und nicht wie sonst der unteren Milliarden. So richtig piekfein mit Stuhl in den hintern geschoben bekommen und Serviette auf den Schoss gelegt. Wie Graf Koks, so kann man sich da schon fühlen.

Sleepless in the Night

Obgleich wegen der blöden inneren Uhr, dem verkorksten Biorhythmus und der durch die Aufregung vergangenen schlaflosen Nacht vor der Reise man im Grunde nur noch wie die Prinzessin auf der Erbse zwischen den Matratzen versinken möchte, um den Schlaf der Gerechten in einer ungerechten Zeit zu bekommen, aber… Weit gefehlt. Ob es nun an der klaren Luft auf der Elbe zwischen Atomkraftwerk und Hafen liegt oder am ungewohnten leisen Brummen des Schiffes, dem sanften Vibrieren, dass man an allen Stellen des Schiffes spüren und fühlen kann, der ungewohnt weichen Matraze oder dem schönen Gesicht, dass erspäht und nicht wieder vergessen werden kann. Zudem die Worte, die dem Mund dieses Gesichtes entfallen, in einer fremden Sprache ertönen. Ruhelos im Bett wälzen, das geht auch zu Hause. Also werden die Plünnen übergestreift und ein kleiner Rundgang an Deck 7 absolviert, um die Müdigkeit auf ein Level zu bringen, dass einen sofort in Morpheus Armen versinken lässt, sobald an einem Platz Ruhe gefunden wurde. Doch die Müdigkeit ist schnell wieder passé, wenn man feststellen muss, dass die Bord-Checkkarte nicht mehr funktioniert und der Weg ins Bett von einer verschlossenen Tür blockiert ist. Gottverdammte Scheiße. Ergo wird der Rundgang wiederholt, um in radebrechenem Englisch der Dame an der Rezeption eine Ersatzkarte zu entlocken. Funktioniert. Die Nacht kann beginnen. Auch wenn diese nur kurz andauern sollte. Dafür wartet am nächsten Morgen. Nein, nicht hier. Psst.

 
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