Goblin-Mania: Rizik

Mein Name ist Rizik. Es ist ein schöner Name und es ist ein Name meines Volkes, ein oft genutzter Name. Doch anders als bei den anderen Völkern, mit denen wir leben und die wir meistens meiden, sind unsere Namen zwar wichtig, aber geheim. Orks protzen mit ihren Namen, um ihren Clan und dessen Stärke zu symbolisieren, Elfen protzen mit ihren Namen und den verbundenen Heldentaten. Selbst den Zwergen, die Dwarfs, denen sind ihre Namen so ungeheuer wichtig. Gloimbart Schimmerklinge Eoboinsson vom Clan der Messerwetzer vom Stamme der Siebten. Ha, dass ich nicht lache. Warum so lange Namen, nur um die Tradition zu wahren. Wir sind da eher den Menschen ähnlich, obgleich deren zweiter Name meist von einem Beruf abstammt, den sie nicht einmal ausüben. Alles nur Trug und Schein. Ok, ich will nicht meckern. Wir betrügen auch, oft, viel und gerne – doch bei uns kann man sich sicher sein, dass wir das tun. Wir geben nicht vor, ehrlich zu sein. Unsere einzige Ehrlichkeit besteht darin, dass wir zugeben, Lügner zu sein.

Unsere Namen sind ebenso wichtig wie bei den anderen Völkern, doch viel wichtiger, als diese glauben. Unsere Namen sind reine Magie. Unsere Namen sind ein Geheimnis und wehe ein Goblin ist so unvorsichtig und gibt seinen Namen preis. Untereinander, sicherlich, da tun wir das. Doch nur sehr zaghaft und wenn wir uns ganz sicher sind, alleine zu sein und wirklich, nur echte unseres Volkes vor uns zu haben. Zu groß wäre der Schaden, wenn wir unseren Namen verraten. Einen von uns hat es dabei buchstäblich in der Luft zerfetzt und die Menschen haben dazu noch eine Geschichte geschrieben und erzählen diese ihren Kindern, abends im Bettchen, während wir in den dunklen Ecken hocken und lauschen, um ihre Geheimnisse zu erfahren. Er wurde damit zwar bei den Menschen berühmt, doch von unserem Volk für diesen Verrat aus den Liedern und Geschichten verbannt. Sein Name war Rump…, Rumpel… – nein, ich darf es immer noch nicht aussprechen, zu groß ist die Schande für uns. Und wir haben viele Lieder und Geschichten, denn wir sind ebenso ein altes Volk wie die Elfen, wie die Orks und die Zwerge. Nur uns sieht man uns nicht so offensichtlich, wir halten uns verborgen und greifen nur in die Geschichte ein, wenn wir es für nötig halten. So wie ich es tun muss, indem ich das alles aufschreibe, für meine Familie. Sie sollen alles erfahren, welche Abenteuer mich in die Welt der Menschen getrieben haben und was ich erleben musste und noch muss.

Mein Name ist Rizik. Das ist kein Geheimnis mehr. Der Mensch, bei dem ich lebe, hat es erfahren. Doch wenigstens kann ich mir sicher sein, dass er es nicht weiter verraten wird und somit mein Volk vor den schädlichen und magischen Auswirkungen verschont wird. Mein Volk ist das große und zahlreiche Volk der Goblins. Manche nennen uns Gnome, Kobolde, sogar Hauselfen wurden wir genannt. Doch mit den Elfen haben wir ebenso wenig gemein wie mit den Menschen. Welch eine Schande, unser großes Volk mit diesen überheblichen und feingeistigen Elfen zu vergleichen. Bei dem großen Bilgun, wir sind nicht so hochnäsig, nein, wir rühmen uns eher unserer kleinen und durchaus gemeinen Streiche. Und schon gar nicht sind wir gierig. Nein, in der Sache haben wir nichts mit den Menschen oder Zwergen gemein. Wir nehmen uns das, was wir brauchen – mehr nicht. Immer wieder wird uns das vorgeworfen, mag ja auch stimmen. Aber wir sind kein Handelskartell, wir haben keinen Goldhort und schon gar nicht sind wir gierig. Alles üble Verleumdung der Zwerge, die uns einfach nicht leiden können. Nur, weil wir bei günstigen Gelegenheiten mal etwas aus ihren Schatzkammern ausleihen und nicht wieder zurückbringen. Starrsinnige Zwerge. Geizige Zwerge. Und die kommen immer so gut weg in den Geschichten der Menschen, weil sie angeblich so viele Heldentaten vollbringen. Alles Schmarrn.

Wir Goblins wollen nicht berühmt sein, auch wenn wir Heldentaten vollbringen. Wir nutzen Gelegenheiten und wen die anderen Völker so dämlich sind und sich in unsinnigen Kriegen aufreiben, müssen wir es immer wieder richten, um in Frieden weiterleben zu können. Macht ja auch keinen Spaß mehr, wenn niemand mehr da wäre, der sich beklauen lässt, nur weil sich alle gegenseitig umbringen. Nein, wir sind Goblins und stolz darauf. Doch nicht zu stolz, um unseren Platz in den Annalen der Geschichte und in den Geschichten zu verlangen. Niemand soll seine kurze Triefnase in unsere Geschichte stecken, dafür stecken wir unser langen Riechorgan gern in die Geschichte von anderen. Schließlich sind wir neugierig.

trennlinie

fig-622630_640Jedes mystische Volk hat sich seinen Platz in den Geschichten und Liedern ergattert. Selbst die Dunkelelfen, die schwarzmagischen Geschöpfe der Nacht, sind zu ihrem Ruhm gekommen. Doch die Geschöpfe, die in den Geschichten nie vorkommen, das sind die Goblins. Und wenn, dann werden sie verleumdet, denunziert. Alles üble Nachrede, mit der einmal aufgeräumt werden muss. Rizik ist der erste, der einen Einblick in die Geschichte der Goblins liefert und weitere Einblicke werden folgen. Auch wenn sie es selbst nicht wollen. Aber sie müssen, damit ihre Lügen aufgedeckt werden.

Oh, schau nicht an den Goblin-Mann,
und kauf nicht seine Frucht,
wer weiß, wo ihre Wurzeln einst
die Nahrung sich gesucht?
(Christiana Rossetti in ihrem Gedicht „Goblin Market“)

 

 
This entry was posted in Damals war's - Geschichtliches, Gedanken gedacht, Kurzgeschichten, menschlicher Irrsinn, Morgendlicher Wahnsinn, Religion und Aberglaube, Sprache und Schrift and tagged , , , , , . Bookmark the permalink.

Comments are closed.