Urlaubstagebuch – Part I

Es ist ja wie es ist. Da entfleucht der stressgeplagte Mensch aus der Großstadt, um irgendwo im Nirgendwo die Ruhe zu genießen, die menschlichen Unsitten nicht mehr ertragen zu müssen und was passiert? Beim ersten Abendmahl in einer bereits bekannten Einrichtung pöbelt laut das Friedhofsgemüse beim verlassen der Fress- und Sauflokalität, dass der Geräuschpegel zu arg ist. Ich wollte in der ersten Reaktion aufspringen und gehen, ich war ja nicht in diese Einöde gekommen, um das Gemecker der Fast-Toten zu ertragen, sondern fernab von der üblichen (Un)Zivilisation ein wenig Erholung zu bekommen – genau davon nämlich. Sei’s drum. Ich lasse mir doch nicht vom Gammelfleisch meinen Urlaub verderben. Das diese Alten auch immer und immer meckern müssen. Wie eben auch auf der Fähre bei der Anreise. Wild entschlossen und stets bemüht, gute Miene zum bösen Spiel zu zeigen, entschloss ich mich, auch der zweiten gedachten Reaktion nicht nachzukommen. Die hätte nämlich darin bestanden, die Untoten zurechtzuweisen. Nein, stoisch ging ich der dritten Version nach: ignorieren. Und nicht den Urlaub verderben lassen. Und ignorieren kann ich gut.

Wenn ich einen Lärmpegel nicht ertragen kann, dann suche ich doch keine Orte auf, an denen dieser stets zu finden ist. Aber soweit funktionieren die Hirnzellen der noch umzufallenden Altmenschen nicht mehr. Kein Wunder, wenn jene ständig pöbelnd durch die Welt stromern und anderen damit auf den Sack gehen. Das war die frischste Erinnerung zuerst.

Die nächstfolgende wäre die des fast menschenleeren Strandes. Mir kamen fast die Tränen – das ich das noch einmal erleben durfte. Das Leben kann doch, wenn auch nur gelegentlich, mal richtig schön sein. Steine, Sand und noch mehr Steine, Wolken vor der Sonne, warm aber windig. Und mit einem ekelhaft geilen Geruch nach Meer. Die Touristen links liegen gelassen und auf einer Kaimauer rechts aussenden die mitgebrachte Vesper verzehrt. Oh, so herrlich – ein halber Tag am Meer.

Und trotz breit gelatschter Füsse zog es mich doch immer weiter und weiter. Das gab ein Gefühl von kaputt, aber glücklich. Glücklich kaputt.

Doch nun heisst es warten, genüsslich die eine oder andere Pilzsuppe genießen, jene aus Hopfen und Malz, bis der helle gelbe Ball sich in den jenseitigen Westen verdünnisiert hat, um die lang ersehnte Nachtwanderung am Meer anzutreten. Und das einen Monat vor der Sommersonnenwende. Gute Idee, du Narr. Bei der Wartezeit werden das viele Gerstenbräu und leicht schunkelnd in unbekannten Gebieten, mit Klippen und vielen Steinen, herum zu latschen. Na, das könnte der krönende Abschluss eines kurzen, aber ereignisreichen Lebens werden. Also doch noch einmal das Zimmer aufsuchen und warten, und warten, und warten…. Nix mit warten. Kurz entschlossen habe ich dann doch das Weite gesucht, genauer, die menschenleeren Stellen, um einen epischen, nein, legendären Sonnenuntergang am Meer zu erleben. Und für einen längeren Moment, fast eine gefühlte Ewigkeit, war ich tatsächlich mal glücklich. Richtig glücklich – seit langer Zeit.

 
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