Nachruf

Ein Hund ist auch nur ein Mensch. Nein, falsch. Hunde sind immer die besseren Menschen. Tiere sind die besseren Menschen. Um Tiere, um Hunde kann ich weinen, trauern. Um Menschen nicht. Zumindest nicht um alle. Menschen haben wir genug. Hunde sicherlich noch mehr. Aber diese sind zumindest zu bedauern, unter der Knechtschaft der Menschheit, als ewiger Diener.

Oder als Freund und Weggefährte im besseren Fall. Hunde haben Herrchen, Katzen Diener. Teilweise wahr, aber nur eben teilweise. Ein Hund ist kein Diener. Ein Hund betrachtet Tätigkeiten, die wir Menschen als „dienen“ einstufen würden, als Spiel. Wir glauben, einen Hund zu beherrschen und doch beherrscht er uns. Wenn ein Hund in eines Menschen Leben tritt, dann muss sich der Mensch auf den Hund einstellen und der Hund ein Stück auf den Menschen. Ein Geben und ein Nehmen, eine Art Zweckgemeinschaft, aus der eine tiefe und innige Freundschaft entstehen kann. Aber kein Verhältnis Herr und Diener.

Furchtbar ist es, was den Tieren angetan wird. Ich finde diese ganze Züchterei widerlich. Ich finde Zoo’s widerlich. Und ich kann durchaus die Vegetarier verstehen, was den Verzicht auf Fleisch aus Massentierhaltung angeht. Nur wird sich deswegen nichts ändern. Nur weil ein oder zwei Menschen mehr an einem Salatblatt knabbern oder Dutzende Tiere mehr durch den Soja-Anbau sterben müssen. Wir Menschen leben in unserer Scheinwelt und meinen, als Spitzenprädator herrschen zu können. Die Natur ist viel stärker – aber das ist  nun mal eine andere Geschichte.

Warum ich beruflich nichts mit Tieren machen mag? Die Gründe sind überall in diesem Text versteckt.

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Beherrschung bitte. Ich bin schließlich in der Öffentlichkeit. Keine Tränen, keine Rührung und den Kloß im Hals runterschlucken. Keiner darf Gefühle sehen. Schon gar nicht, weil es nicht um Menschen geht, sondern um ein Tier, einem Hund, der nicht einmal mein Weggefährte war, sondern bei dem ich nur das Vergnügen hatte, ihn kennen lernen zu dürfen, mit ihm zu toben, kuschelnd auf der Couch zu verbringen. Ein Bekannter, wie es unter Menschen heißen würde. Und doch trifft mich dieser Tod härter, als es je bei einem Menschen passieren würde, abgesehen vom engsten Familienkreis.

Es ist wie eine Seelenverbindung, die zwischen Tieren und mir besteht. Tiere, deren „Besitzer“ sagen, Vorsicht, er mag keine Menschen – die kommen zu mir und begrüßen mich auf Ihre Art. Ein Blick in die Augen und wir verstehen uns auf eine Weise, wie ich nie Menschen verstehen würde. Tiere, besonders Hunde und Katzen haben grundehrliche Augen. Man kann darin ebenso die echte Freude lesen wie auch die Trauer. Manche würden sagen, man kann in die Seele blicken. Ich glaube nicht an die Seele. Zumindest nicht im „normalen“ Sinne. Was ist schon normal – ich bin es jedenfalls nicht. Vor nicht allzu langer Zeit ist eine Urgroßtante gestorben. Es war mir nur ein Achselzucken wert. Ich kannte sie, aber da war nichts, kein Verhältnis, keine Bindung. Ein Mensch weniger auf der Welt – dafür eine Wohnung frei. Klingt hart, ist aber so in der Realität. Ein mir vertrautes Tier stirbt und die Tränen fließen. Es kann nicht normal sein. Muss es auch nicht.

In einem solchen Fall, wenn ein tierischer Freund gestorben ist, denkt man doch einmal mehr an das Verhältnis mit dem „eigenen“ Mitbewohner nach. Ein Spiel, das mich allmorgendlich begleitet ist die Verabschiedung von Nutte. Wie, du gehst schon wieder? Du warst doch nur eine Nacht da, bleib doch noch. Nicht nur die Augen, nein, das ganze Stück Fell schreit es heraus. Das Stück Plüsch wirft sich auf den Boden. Das Stück Plüsch versperrt den Weg zur Tür. Und die Blicke sprechen tausend Bände.

Das Leben geht weiter. Und der Teamkollege wird einen neuen Begleiter finden. Doch im Gegensatz zu manchen Menschen, die nach dem Ableben, wird ein jahrelang treuer Gefährte immer im Gedächtnis bleiben. Der Tod gehört nun mal zum Leben, auch wenn wir Menschen es oft nicht wahrhaben wollen.

 
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