Zustände

„Alaaaarm!“ schalt es durch das hintere Bewusstsein, während das vordere sich noch an die Gemütlichkeit und Bequemlichkeit des Schlafes klammert. Aber nicht erst seit der Freude, dem Freudigen … ach verdammt. Nicht erst seit der Freud’schen Theorie weiß doch ein jeder, dass das hintere Bewusstsein die größere Macht hat, derer sich zu beugen der Körper angewiesen ist und wurde…

Verzweifelt schallt es durch das vordere Bewusstsein „Kann mal jemand diesen verfluchten Lärm abstellen?“, während das hintere nun vertrackte Anweisungen an den Körper gibt, deren Auswirkungen sich in einem Gefühl auswirken, dass der Druck die Höchstmarke erreicht. So entern nun die Knochen irgendeiner Hand, die wahrscheinlich zu mir gehört, den Bereich um die restlichen Knochen herum um den Störenfried auszumachen, während mich das hintere Bewusstsein auslacht in dem Wissen, dass der Störenfried weiter entfernt sitzt als nur durch tastende Bewegungen ersichtlich ist. Doch vorerst verliert das hintere Bewusstsein diese Schlacht, denn das vordere klammert sich immer noch an die Gemütlichkeit, die Dunkelheit und die Schläfrigkeit dessen, was man allgemeinhin den Körper nennt. So finden die Knochen irgendeiner Hand, die wohl die meine ist, zwar allerhand Dinge, die im Wirkungsbereich meiner selbst sich zu befinden scheinen – jedoch nicht den Auslöser dieser allmorgendlichen Apokalypse.

Dieser beruhigt sich jedoch von selbst – es ist wieder still und augenblicklich versinke ich wieder in dem traumlosen Zustand des dahin-dämmerns, bevor eine weitere akustische Orgie der Quälerei das vordere Bewusstsein wieder aus dem Zustand der Friedlichkeit holt, während das hintere – schallend lacht und weiter fiese Signale an den Körper sendet. Das war es dann wohl mit der Ruhe, in dem Moment gehen dann auch auch die Rollläden vor den Fenstern zur Seele auf, ich versuche noch verzweifelt, einen Namen für das Organ zu finden. Was zu sehen ist – ist nichts. Von den grauen Schleiern einmal abgesehen, die wohl meine Umgebung darstellen sollen. Und endlich bekomme ich halbwegs das hin, was Kontrolle über den Körper man zu nennen pflegt. Zumindest bilde ich mir das ein und versuche …. Alaaaaarm! Jetzt reichts! Schnelle packe ich den Störenfried mit den Knochen und dem restlichen Zeug drumherum und erliege fast der Versuchung, diesen von mir zu werfen. Doch die erste richtige Erkenntnis jedes neuen Tages hindert mich daran, dieses Werkzeug der modernen menschenverachtenden Störung der Nachtruhe zu entsorgen, der materielle Wert ist doch zu hoch. Und so versuchen denn auch die Exkremente die Funktion zu finden, die das triviale technische Gerät wieder in den Ruhezustand versetzt, den man selbst nicht haben darf. Zu spät, voll blankem Hohn beendet es seinen Weckdienst. Ziel erreicht, ich weile wieder halbwegs unter den Lebenden, versuche mich wieder an die Funktionen der einzelnen Gliedmaßen zu gewöhnen und möchte behende das erste Bein schon mal Richtung Fußboden werfen, das unerwartet auf ein Hindernis trifft. Der noch in der Startsequenz steckende Verstand sagt mir nebenbei, dass da noch etwas ist – nur kann ich ich mich nicht erinnern, was. Aber immerhin ein Anfang: Ich denke, also bin ich. Diese Erkenntnis rettet mich. So gehe ich, während der Verstand noch hochfährt, dazu über, die Grundfunktionen dessen zu testen, was wohl mein Körper sein mag. Linkes Bein, bewegt sich, also vorhanden. Es gehorcht sogar meinem Willen. Wahnsinn! Der erste Lichtblick in der Dunkelheit.

Rasch absolviere ich einen Systemcheck nach dem anderen und stelle erfreut fest, das ich nicht nur gänzlich als Mensch vorhanden bin bin, nein, es funktioniert sogar noch alles. Währenddessen erinnert mich mein hinteres Bewusstsein daran, dass die Getränke des Vorabends noch entsorgt werden müssen. Noch im Nebel der Gedanken stochernd versuche ich, mich an die notwendige Tätigkeit zu erinnern. Doch der Verstand meldet: Startsequenz noch nicht abgeschlossen, bewege dich einfach mal, das würde den Vorgang beschleunigen. (Na toll, und da sagt man immer, das menschliche Hirn ist millionenfach leistungsfähiger als jeder Computer – aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht). Also werfe ich die ersten Gliedmaßen in die vermutete richtige Richtung – um erneut festzustellen, dass da noch ein Hindernis überwunden werden muss. Ich taste also die Umgebung ab und treffe irgendwann auf etwas weiches, flauschiges. Noch weiter tastend dämmert es im Horizont dessen, was man Verstand nennt. Ich suche noch das Wort dafür, aber das ist im Grunde unwichtig. Weiches Fell, Ohren, Beine… Das bin doch nicht ich, oder? Weiters ertasten die letzten Ausläufer dessen, was man Arm nennt was langes weiches. Schwanz! Oups, meine Erinnerung sagt mir, dass das Organ an der falschen Stelle sitzt und nicht flauschig sein sollte. Aber das Wort, das war sofort da. Achja, Katze, fällt es mir wie Schuppen von den, wie auch immer man es nennen sollte. Grübelnd kommt das nächste Wort: Augen. Und schon purzeln die Erkenntnisse nach und nach, der Verstand scheint wohl endlich auch zu arbeiten. Was als nächstes zu tun ist, wird mir auch sofort klar. Augen öffnen und sie sehen weiterhin nichts. Na toll, was bringt mir das dann? Aber erst einmal muss die Umgebung weiter sondiert werden, um die gegenwärtige Position und den Ort der Verbannung festzustellen. Ich krame in den Schubladen in meinem Kopf und finde das nächste Wort: Bett. Und ein weiteres: Hochbett. Ach verdammt. Das bedeutet dann wohl einen steilen Weg nach unten. Ich krame weiter und finde auch schon das nächste: Leiter. Hoch erfreut, dass meine Schlafgelegenheit so etwas besitzt, wenn sie schon erhöht ist, wälze ich mich an den Rand, um die Beine über diesen zu werfen und ermahne mich dann, doch erst einmal die Stelle zu suchen, wo die Leiter vermutlich sein sollte, es könnte sonst ein böses erwachen geben…

 
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