Meine Stadt ist im Grunde wie jede andere Großstadt auch: viel Lärm wegen nichts, viel Lärm drum herum und viel Lärm mittendrin. Doch, es kann durchaus einmal zugegeben werden, sie hat auch schöne Seiten, einige sogar.
Wie in jeder anderen Großstadt dominieren Stahl und Beton. Die Dunstglocke hängt täglich darüber von den reichlichen Autofahrern, die sinnloserweise die Strassen verstopfen und von denen, von denen man meint, sie wären nötig. Nötig haben einige Einwohner ebenfalls etwas, eine gelegentliche Tracht Prügel zum Beispiel. Doch darin unterscheidet sich meine Stadt ebenfalls nicht von anderen. Nein, doch, ja – meine Stadt hat durchaus auch schöne Ecken und hässliche Kanten. Doch zur Abwechslung ist mal das Schöne dran…
Viele Touristen meinen ja, die Alster wäre eine Schönheit. In Medien hoch gepriesen, doch im Grunde nicht mehr als ein Mühlenteich. Nur etwas zu gross geworden. Sie ist ja schon nett, die Alster und gehört zu Hamburg wie ein Hirn zum Menschen. Für die Touristen mag das schon reichen, doch ein Hamburger kennt grundsätzlich noch schönere Ecken. Auch und gerade wenn er nur zugewandert ist.
Schöne Ecken kann man nicht suchen, die muss man entdecken. Sie kommen zu dir, sie wollen gefunden werden, doch sie offenbaren sich nur dem, der nicht krampfhaft danach sucht. Eine solche verkannte Ecke ist das Bismarck-Denkmal direkt beim Hafen, am Anfang der Reeperbahn. Zu einer bestimmten Zeit und zu einem bestimmten Wetter gibt es dort einen großartigen Sonnenuntergang, ebenfalls auch einen solchen Aufgang. Das muss man gesehen haben. Und wenn der Sonnenuntergang vorbei ist, spaziert man gemütlich die Landungsbrücken entlang zum alten Elbtunnel, durchquert diesen und begibt sich zum Aussichtspunkt, der leider mittlerweile von Touristen überrannt wurde. Doch nicht nachts, wenn diese dann zu ihren Vorstellungen der künstlerischen Art müssen. Denn dann offenbart sich an dieser Stelle das Hamburger Stadtbild, hell erleuchtet – als Spiegelbild in der Elbe, sofern es windstill ist. Ein Schauspiel ohnegleichen. Denn der zusätzliche Reiz besteht darin, dass das Gegenüber nicht so einfach zu erreichen ist, sondern auf der gegenüberliegenden Flussseite liegt.

Zu Studienzwecken soziologischer Natur sind diese ebenfalls bestens geeignet. Verhaltensstudien sind hier perfekt möglich. Und mit Glück wird man von einem Paar alter Damen angesprochen, um die Studien auch in verbaler Art fortzuführen. Zur Belustigung der Städter werden die Touristen auch gern mit Schiffen vor den Augen begeisterter Einwohner die Elbe auf und ab gefahren. Ein Schauspiel sondergleichen – das muss man erlebt haben.
Zum Abschluss empfiehlt sich der Besuch der nahe gelegenen Skt. Michaeliskirche, kurz Michel genannt. Dort kann man zum einen die Kassiererin in schwarzer Kleidung schocken, zum anderen die reichlich angekarrten Touristen ebenfalls. Und gegenüber im Old Commercial Room zusehen, wie sich eben jene den besten Labskaus der Stadt reinwürgen. Ein Hochgenuss, also der Labskaus.
Ja. Ich muss wirklich sagen, Hamburg ist eine sehr schön Stadt.