Ah, ein Stadtmensch

Wie, die Hühner haben keine sechs Beine? Aber warum werden die dann immer in Sixpacks angeboten? Nein, noch bin ich klar bei Verstand und die Erziehung, die ich nicht bekommen habe in meiner Jugend, die hat mich gelehrt, selbständig zu denken und zu wissen, zu hinterfragen. Ich weiß, weil ich sehe, dass die Hühner zwei Beine haben.

Auch als eingefleischter Stadtmensch kann ich durchaus dem Landleben einige, sogar viele Pluspunkte abgewinnen. Und nein, auch wenn ich es selbst kaum für möglich gehalten hätte, ich vermisse die Autos und vollgestopften Strassen keineswegs. Eine Ruhe, die man erwartet, ist es allerdings auch nicht, weil so ein Hahn, keine 3 Meter Luftlinie vor dem Fenster, einfach seinen Schnabel nicht halten kann und aus voller Brust zeigen muss, wer er ist. Mit der Zeit geht das genauso am Gehörgang vorbei wie in der Stadt der Verkehr.

Und sich auf dem Bauernhof dämlich anstellen – dafür bin ich in der Jugend zuviel mit Höfen, wenn auch kleinen, in Berührung gekommen. Nur eine Sache, die stört mich als Stadtmenschen ungeheuerlich: kein Handyempfang. DAS geht gar nicht, damit kann ich nicht umgehen! Abgeschnitten von der Welt, auf ein WLAN angewiesen, das mal funktioniert, mal nicht, das ist für den Technik-Abhängigen ein Unding. Aber auch mal die beste Übung, das Handy als Handy mal sein zu lassen und mehr von der Umgebung zu sehen als nur den kleinen Bildschirm.

So sitze ich hier nun, am einzigen Ort mit möglichem Internet, bewacht von zwei Hunden, drei Katzen, vier Kaninchen, haufenweise Federvieh und noch mehr herumfliegenden Haaren und genieße eine Ruhe, die ich so nicht für möglich gehalten hätte.

"Kudd'l"

„Kudd’l“

Und ich weiß nun, das ein Spaltenboden für Kühe nicht optimal ist, dass Pferde viel Pflege brauchen, Enteneier genauso lecker sind wie Hühnereier, nur viel, viel besser als die aus dem Supermarkt, Schafe gern ausbrechen, wenn sich die Möglichkeit bietet, Hunde beißen können… Huch. Ja, das erste Mal in meinem Leben von einem Hund gebissen, der irrtümlich meinte, sein Herrchen, den Bauern verteidigen zu müssen, während ich mit dem Vorschlaghammer den Pfahl für die Kuhweide in die Erde getrieben habe. Doch anders als für normale Stadtmenschen ist es für mich nur verständlich. Kein Gezeter, kein Gejammer und auch keine Schuldzuweisung. Der Hund hat das getan, was er tun musste. Andere Menschen lassen sich beißen, weil sie nicht mit Hunden umgehen können. Und die zetern sowieso und überhaupt am lautesten.

Landarbeit, auch wenn es nur ein paar wenige Stunden war, betrachte ich als mehr Erholung als es sonstige Urlaubsaktivitäten jemals erreicht haben. Na gut, die paar Handgriffe. Zumindest war es ein Einblick, den ich vielen Menschen mal wünschen würde jemals zu haben. Nichts schlechtes, aber dafür mehr Verständnis für die Hintergründe.

 
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