Unterwegs – Gedanken II.

Menschen! Und die reden auch noch! Wie grausam ist das denn? Und alles nur, weil ich vergessen habe, die Kopfhörer mitzunehmen, die sonst auf allen längeren Fahrten, mehr als 5 Minuten, Pflicht sind. Erst recht, wenn es mehr als 1 Stunde ist…

So stürzen auf mich ein die vielen Gespräche, von allen Seiten. Irgendwelche dienstlichen Dinge. Schön, das an einem seltenen freien Tag zu hören, vor allem wenn es nicht interessiert,  wie interessant es auch sein mag. Interessanter sind da schon einige private Dinge. Wie immer die üblichen Leiden von Oma Inge, was Tante Erna wieder alles angestellt hat und wen Freund Heinz schon wieder betrogen hat. Nur leider kommt man bei den vielen Gesprächen thematisch durcheinander, so dass der Drang sich bemerkbar macht, aufzustehen und nachzufragen.

Eine schöne Ablenkung sind da die Fahrtgeräusche, die dank des offenen Fensters – endlich mal – das dämliche Gequatsche von Reihe 2 restlos übertönen. Andererseits,  schade, jetzt weiß ich nicht mehr, wie das mit Heinz so weiter gehen könnte zukünftig. Die eine, oder auch die andere wichtige Informationen sinnloser Art könnte an meinem Ohr vorbei schwirren, zum Fenster hinaus und unter Umständen unschuldige Insekten behelligen, die das stählerne Monstrum namens Zug noch nicht auf der Frontscheibe kleben hat.

Offenes Fenster. Ein Stichwort für sich. Ich reise ja nun wirklich oft, mal mehr, mal weniger gern. Doch erst, wenn das Thermometer weit jenseits der 25 steht, erdulden und dulden die Mitleidenden ein solches. Natürlich nur aus Angst, lebendig gegart aus dem Zug zu fallen, am Ziel oder auch davor. Ansonsten lautet ja die Devise: Bloß nie die Fenster öffnen, Frischluftgefahr. Man könnte ja Sauerstoff inhalieren und innerlich explodieren. Innerlich und auch äußerlich explodieren dann die Mitreisenden, sollte man sich erdreisten, diese ungeschriebene Regel zu brechen.

Nächste Station und Zugwechsel

Man nennt es auch leichthin und ebenso gläubig umsteigen. Und dabei gibt es auch für die hochgradig Süchtigen die lang ersehnte Raucherpause. Während dann in der äusserlichen Hitze die Glut eingesogen wird, quasi die innerliche Heizung der gefühlten äußerlichen Heizung angepasst, offenbaren sich Gruppenreisende nebenan als orientierungslos. Ja, ihr steht Gleis 1 und ja, hier fährt auch der Zug ab. Weil nur Gleis 1 die Züge gen Norden fahren. Dabei haben die noch nicht einmal etwas getrunken.

Dennoch drängt denen sich die Frage auf, die sie an mich weiter drängeln, ob denn schwarze Kleidung bei dem Wetter nicht zum Hitzeschock führt. Ich hätte denen natürlich stundenlang erklären können, dass auch in farbiger und ebenso farbloser Kleidung dieses körperliche Signal ereilen könnte. Apropos ereilen. Der Zug eilte herbei und erlöste mich davor, diesen Vortrag halten zu müssen und erlöste mich damit auch vorerst von der Gruppe. Vorerst deswegen, weil deren fröhliches und nüchternes Geschnatter durch den ganzen Zug hallte.

Entertainment pur. Vielen Dank. Doch eigentlich wollte ich meine Ruhe haben, die ich nicht bezahlt hatte. Wenn einer eine Reise tut, braucht er für die Reise Mut. Mut, andere Menschen zeitweise zu ertragen. Doch kaum hört das Geschnatter auf, macht man sich doch schon sorgen um die Schnatternden. Hitzschlag in bunter Kleidung?  Hatte ich sie doch warnen sollen? Aber nein, dieser Zug ist recht kühl gehalten. Und sie haben mich vorher verlassen, so dass ich der letzte Kunde bin, ähm, Reisende. Hat auch was für sich. Die Endstation gehört mir allein.

 
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