BlogBattle No. 24 – Eis

Der Winter naht. Nicht nur in einer der wenigen Serien, die ich freiwillig verfolge – und diese auch nur, weil sie rauh, „neutral“ und nicht so spießig ist und einen Hauch von Mittelalter hat. Nein, der Winter naht mit schnellen Schritten, es geht flugs auf Weihnachten zu. Die ersten Lebkuchen sind schon verputzt – nach dem vorerst letzten Eis.

Der Alchimist

Platsch. Da liegt sie, die Eiskugel. Für ein halbes Vermögen erworben und nun Nahrung für die Ameisen. So ein Pech aber auch. Schadenfroh grinsend wendet sich Ernst ab, der seinem Namen überhaupt keine Ehre macht. Die nächste Eiskugel nimmt ihren eigenen Weg. Nicht den in den Mund, sondern über die Waffel hinweg, über die Hand Richtung Erde. Scheiss Schwerkraft aber auch. Oder: Wie gewonnen, so zerronnen. Ernst liebt Sprichwörter. Noch mehr liebt er die Schadenfreude. In der Nähe vom Eisstand zu stehen und die Leute zu beobachten bringt schon irgendwie eine Art von Glücklichkeit. Eine gehässige Glücklichkeit, aber das ist Ernst egal.

Eine Eisschlacht statt einer Schneeballschlacht, das würde Abkühlung bringen, dachte er sich. Stöhnen sie doch alle sowieso über die mörderische Hitze, die nun schon 5 Tage anhält. Ganze 5 Tage. Ernst kann es nicht begreifen. Er ist eine Frohnatur und freut sich über Hitze und Eis gleichermaßen. Wenn es zuviel wird, kann er es zumindest leise ertragen, ohne groß zu jammern. Gedacht, getan. Ernst schlendert zum Eisverkäufer und besorgt sich 2 Tüten mit je einer Kugel. Der Spaß ist es ihm allemal wert, auch wenn er sonst nicht viel Geld zur Verfügung hat. Und Platsch, schon landet die erste Eiskugel bei einer Blonden im Nacken. Schnell dreht sich Ernst um und tut ganz unschuldig. Aus dem Augenwinkel beobachtet er die Blondine, wie sie den Schuldigen sucht und ihn meint in einem pubertierenden Teenie gefunden zu haben. Schnell entspannt sich ein Streit, den Ernst voller Vergnügen beobachtet. Doch nachdem sich die Wogen geglättet haben, wird es ihm schnell wieder langweilig. Doch dafür ist schließlich die zweite Eiskugel da, die auch schwups eingesetzt wird. Doch das Opfer bückte sich im falschen Augenblick, im richtigen welchen zumindest für das Opfer. Und die Eiskugel traf die Person, die er eigentlich unter gar keinen Umständen treffen wollte: einen Biker. So blieb nur noch eines zu tun: die Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen, wie er noch nie in seinem Leben gerannt ist.

3 Straßen und 4 Ecken weiter bleibt Ernst stehen. No risk, no fun, denkt er sich und muss erst einmal nach Luft schnappen. Das hat gesessen. Vorsicht lugt er um die Ecke, kann jedoch keinen Biker entdecken. Glück gehabt. Ernst wischt sich den Schweiß von der Stirn und beglückwünscht sich zu der erfolgreichen Aktion. Schnell zückt er sein Tagebuch und trägt alles ordentlich ein. In der Sache ist Ernst penibel. Was nutzen all die Streiche, wenn niemand davon erfährt? Irgendwann wird das vielleicht mal ein Bestseller, so wie das Buch mit Huckleberry Finn und Tom Sawyer. Sein großes Vorbild und Idol. Langsam und gemütlich erhebt sich Ernst von der Kante, auf der er gesessen und sich akklimatisiert hat nach dem ungewohnten Dauerlauf.

Doch als er sich umdreht, rast ein rundes Stück Holz auf seinen Kopf zu. Ein ausweichen ist nicht mehr möglich und so kollidiert das Stück Holz mit seinem Kopf. Den Baseballschläger, zu dem das Holz gehört, kann er nicht mehr erkennen. Die Hand, die diesen geschwungen hat, ebenfalls nicht. Die rettende Ohnmacht befreit ihn von dem kurzen Schmerz und die Dunkelheit hat ein Einsehen. Nett von der Dunkelheit …

* * * * *

Der dumpfe Kopfschmerz wird nur noch überlagert von der eisigen Kälte. Ernst zittert am ganzen Körper, zum einen vor der Angst, die sich nach dem Aufwachen aus der Dunkelheit einstellt und zum anderen durch die Kälte. Eisige Kälte. Wo kommt diese bloß her? Schließlich war der Tag doch bisher so barbarisch heiß gewesen? Orientierungslos versucht Ernst sich aufzurichten, doch irgendwie wollen seine Beine nicht so richtig. Plötzlich flammt das Licht auf, eine Tür wird aufgestoßen. Im Türrahmen erscheint die Blondine von seiner ersten Attacke! „Na du Lümmel, schon wach?„. Ein diabolisches Grinsen macht sich auf ihrem Gesicht breit, ihre Augen glitzern. Sie sieht gar nicht mehr schön und nett aus, eher wie eine Hexe aus dem letzten Horrorthriller, den er neulich gesehen hatte. „Das ist der Dank für die Abkühlung, ich muss mich doch revanchieren. Nur gebe ich immer alles 1000fach zurück. Viel Spaß heute Nacht!“ Rumms, sie wirft die Tür wieder zu und verriegelt sie schnell. Verzweifelt versucht Ernst, an der Tür zu rütteln, doch der Schließmechanismus innenseitig ist defekt. Wahrscheinlich mit Absicht. Doch die eisige Kälte, die von ihr ausging, kriecht nun langsam auch in seine Glieder und macht sie taub. Bewegungslos und nur noch mit den Zähnen klappernd hockt Ernst an der Tür …

* * * * *

Am nächsten Morgen betritt der Alchemist seinen Tiefkühlraum, doch überrascht über den steif gefrorerenen hockenden Menschen am Boden ist er nicht. Schließlich ist es nicht die erste Leiche, die die beiden Durchgeknallten bei ihm gebunkert hatten. Den tiefgefrorenen Typen kann er nicht einordnen, das Gesicht kommt ihm nicht bekannt vor.

Es ist ein stilles Abkommen zwischen Ihm und den beiden Verrückten. Sie entsorgen ihre Feinde oder auch andere Opfer und er bekommt die menschlichen Körper, die er braucht. Jahrzehnte des experimentierens und die Formel steht. Wie er sein Elixier zu dieser Jahreszeit zu den noch lebenden Menschen bekommt, da hat er auch schon eine Idee. Sein Elixier, gewonnen aus dem Hirnwasser der Opfer, die ihr Leben für die Wissenschaft gaben. Unfreiwillig, gewiss.

Doch erst einmal muss sein nächstes Opfer präpariert werden, das letzte vorerst, bis die Blonde und ihr Rockerfreund wieder zuschlagen werden. Das gefrorene Hirnwasser ist wichtig. Es muss bei lebendigem Leibe eingefroren werden, um die Eigenschaften zu erhalten, die sein Elixier braucht. Sein Elixier, dass ihm die Seelen der Menschen zutreiben wird, die er für seine Unsterblichkeit braucht. Schließlich wartet der Eisverkäufer auf die Geheimzutat, die sein Eis zu dem besten der Stadt macht. Die Geheimzutat, die dem Alchemisten die Unsterblichkeit verleihen wird und von der der Eisverkäufer keine Ahnung hat, wie sie hergestellt wird …

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Sommerliche Temperaturen, hat noch jemand Lust auf ein frisches, handgemachtes Eis? Ich mach mir keine Sorgen, meine Seele ist schon längst verkauft…

Ob andere ihre Seelen auch für ein kühles Eis verkauft haben? Mal sehen, nachzulesen bei:

Teilnehmer:
1. Schakal mit seinen Gedankenwelten
2. Ichigo Komori mit ihrem “The music box of a morbid wonderland”
3. Das Wetterschaf mit Schafen, Wetter und so < darf nicht aussetzen
4. Sebastian vom Pal-Blog
5. Chelsea mit ihren vielen Dingen
6. Justine von Justine 
7. The Lisa/Lilly
8. die Laura
9. die rollende Wicca Isladehn
10. und selbstbrüllend Ich, the Lord himself

 
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