Heiß! Zumindest war er es noch vor wenigen Minuten, der Becher aus gepresstem und geleimtem Baum. Pappbecher. Mit Deckel drauf und der Trinköffnung, die wir alle noch aus unserer Zeit als Kleinkind kennen.
Zurück in die glorreiche und verspielte Vergangenheit, zumindest dem Trinkgefäß nach, auch wenn der Inhalt uns mittlerweile, wie früher, auf allen Wegen begleitet, ein für Kinder nicht optimales Getränk ist. Braune Brühe mit Geschmack, gesüßt oder ungesüßt, geweißt oder braun gelassen. Erst verbrennt sie sich die Finger, dann Lippe und Zunge, die Generation Schnabelbecher. Zwischen Leber und Magenklappe passt immer noch ein Kaffee, schnell zwischendurch – wir haben doch keine Zeit und noch weniger Geduld. Noch schnell einen Kaffee.
Das Kunststück besteht nicht nur darin, den Kaffee heil durch die Gegend zu bugsieren, heiß und mit dem wundervollen Geschmack nach Pappe. Der Mensch hat schließlich noch mehr Finger und dazwischen noch Zwischenräume – in diese passen Zigaretten. Und der Beutel mit dem Frühstück to go, schließlich haben wir doch keine Zeit. Hauptsache, die andere Hand bleibt frei. Das ist nämlich ganz wichtig für das Smartphone in der Hand, um mit dem Stöpsel im Ohr, schmatzend und schlürfend, rauchend und schmauchend Palaver zu palavern, die absolut keine Zeit haben für das persönliche Gespräch von Mund zu Ohr, Mensch zu Mensch. Dafür bleibt selbstredend auch keine Zeit. Die Generation Schnabelbecher hat keine Zeit mehr für die Mitmenschen, gesellschaftliche Dinge werden erledigt wie der aufbauende Umtrunk mit brauner Brühe: to go. Auf dem Weg. Noch schnell einen Kaffee.
Es gibt natürlich auch noch gesellschaftliche Interaktion, auch to go. Mit dem Schnabelbecher in der Hand, gemeinsam durch die Stadt, weil man hat ja keine Zeit. Es braucht Zeit, alle Stationen abzuarbeiten, damit auch wirklich jeder sein Ziel erreicht. Für Sie das Kleid, runter gesetzt, das dann aufgesetzt wirkt wie die fröhliche Mine, wenn Er in der technischen Abteilung die ohnehin schon überstrapazierte Kreditkarte einsetzt. Jeder hat sich durchgesetzt. Heureka. Und deswegen haben wir auch keine Zeit und brauchen den Schnabelbecher mit einem Getränk, dass eher für Gemütlichkeit steht. Schnell noch einen Kaffee.
Die Generation ist oft auf dem Weg, von der heimeligen Kaffeemaschine, um mit Freunden im Coffeeshop noch palavernd den einen oder anderen Kaffee zu genießen. Doch auf dem weg dahin darf er nicht fehlen, der Schnabelbecher. Sucht ist schließlich Sucht und wehe die Generation muss ein paar Minuten ohne aufbauschendes Koffein auskommen. Das geht gar nicht! Keine fünf Minuten ohne. Oder ist es eher der innere Zwang, abgesehen von Handy und Co rund um die Uhr etwas in der Hand zu halten? Hände aus der Tasche, so brüllten früher die erziehungsberechtigten Zwangsbegleiter. Das hat gesessen und wirkt das ganze Leben lang. Also was tun mit den Griffeln? Irgendwas brauchen Sie zu tun, und wenn es das Festhalten des Kaffees ist. Da fällt mir gerade ein: Schnell noch einen Kaffee.
Und wo ich so schön darüber und über andere Dinge lamentiere – ja, ich gehöre dazu, gebe ich auch ehrlich und unumwunden zu. Aber wenn ich schon meine Fehler an mir selbst nicht kritisieren mag, weil sie eben in dieser Art zu mir gehören,dann doch wenigstens an anderen. So läuft das doch heutzutage, hab ich mir von den anderen abgeguckt. Und wenn man sich schon etwas abguckt, dann doch grundsätzlich die Dinge, die als falsch erachtet werden. Noch nen Kaffee. Aber schnell.